Am 21.12.2017 fand die letzte Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vor dem Jahresende statt, bei welcher auch die Citybahn wieder ein Thema war. Einige Vertreter unserer Bürgerinitiative haben an der Sitzung teilgenommen.
Die FDP-Fraktion rügte gleich zu Beginn, der frühere Beschluss vom 16.02.2017, wonach der Magistrat (Umwelt- und Verkehrsdezernat) beauftragt worden war, sämtliche der Machbarkeitsstudie vom November 2016 zu Grunde liegenden Studien und Gutachten zum Vorhaben Citybahn im Detail sowie mit allen möglichen und geprüften Alternativen im Detail vorzulegen, sei nicht ausgeführt worden. Da auch die Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) vom 12.12.2017 nur unvollständig und als bloße 15-seitige Zusammenfassung bekannt gemacht worden sei, könne das Thema Citybahn nicht sachgerecht beraten werden und müsse von der Tagesordnung genommen werden. Dieser Antrag der FDP zur Änderung der Tagesordnung wurde aber mit großer Mehrheit abgeschmettert.
Die später durchgeführte Debatte über die Citybahn war wiederum von den gleichen Vorwürfen der FDP geprägt, das Verkehrsdezernat habe die zur Überprüfung notwendigen Detailunterlagen zur Citybahn nicht vorgelegt und nicht einmal entsprechende Anfragen beantwortet. Im Verlauf der Debatte erklärte dann aber der Umwelt- und Verkehrsdezernent Kowol, ihm lägen diese Unterlagen selbst nicht vollständig vor. Die beauftragte externe Ingenieur- und Planungsgemeinschaft habe insbesondere noch gar keine vollständige NKU erstellt und an die Stadt übergeben (!). Folglich hat der Magistrat und allen voran das Umwelt- und Verkehrsdezernat mit großem Medienrummel am 12.12.2017 eine positive NKU vorstellen lassen, diese aber gar nicht inhaltlich überprüft. Man hat vielmehr den beauftragten externen Fachleuten offensichtlich blind vertraut.
Nach diversen Redebeiträgen und der Darlegung der unterschiedlichen Standpunkte zwischen FDP einerseits und der CDU, der SPD und den Grünen andererseits, wurde mit großer Mehrheit durch Beschluss von den Stadtverordneten u.a. zur Kenntnis genommen, dass
.. 1.1 „die geprüften vorhandenen und möglichen zukünftigen Alternativen die CityBahn nicht ersetzen, sondern höchstens ergänzen können,“
.. 1.2 „die hessische Landesregierung die Realisierung der CityBahn aufgrund ihrer verkehrlichen Notwendigkeit und ihres gleichzeitigen erheblichen Beitrags zur Senkung der Luftbelastung mit Stickoxiden im Luftreinhalteplan für Wiesbaden verankern wird,“
.. 1.6 „die Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) für die gesamte Strecke von Mainzer Hauptbahnhof über Wiesbaden bis Bad Schwalbach (Vorschlagsvariante) nach aktuellem Stand ein positives Ergebnis größer als 1 für die Vorschlags-Linienführung erbringen wird und damit die Voraussetzungen für eine Bundes- und Landesförderung erfüllt wären,“ und dass
.. 1.9 „sich aus eventuellen Änderungen aus der Bürgerbeteiligung das Nutzen-Kosten-Verhältnis geringfügig verändern kann.“
Beschlossen wurde von den Stadtverordneten mit großer Mehrheit von CDU, SPD und Grünen ferner:
.. 2. „Die CityBahn GmbH im Abschnitt „Theodor-Heuss-Brücke – Hochschule RheinMain Standort Kurt-Schumacher-Ring Wiesbaden“ kann mit der Entwurfs- und Genehmigungsplanung (HOAI 3+4) beginnen …….,
.. 3. „Die CityBahn GmbH kann die Vorplanung für den Abschnitt „Hochschule RheinMain – Anschluss Aartalbahntrasse / Kreisgrenze“ beginnen, wenn der Rheingau-Taunus-Kreis die Vorplanung für seinen Streckenabschnitt beauftragt hat ….
.. 5. „Über die Frage, ob ein Vertreterbegehren über die Einführung einer Citybahn durchgeführt wird, soll gemeinsam mit dem Grundsatzbeschluss zur Citybahn entschieden werden.“
Einem weiteren Antrag der FDP-Fraktion „Vollständige Transparenz bei den Citybahn-Planungen“ wurde wiederum größtenteils eine Absage von der Mehrheit der Stadtverordneten erteilt. Unter anderem hatte die FDP den Antrag eingebracht, über die grundsätzliche Frage, ob eine Citybahn gebaut und betrieben werden soll, nach den Entwurfsplanungen (Leistungsphase 3 HOAI) in einem Bürgerentscheid nach § 8b Abs. 1 Satz 2 HGO (Vertreterbegehren) zu entscheiden. Die Debatte über ein Vertreterbegehren zur Herbeiführung eines Bürgerentscheids ist nun nach dem Willen der Mehrheit der Stadtverordneten auf unbestimmte Zeit verschoben, denn ein „Grundsatzbeschluss“ über die Citybahn kann nach unserem Verständnis erst ergehen, wenn die Bau- und Betriebsgenehmigung in Gestalt eines rechtskräftigen Planfeststellungsbeschlusses vorliegt. Zwar kann die Stadt Wiesbaden zeitlich den Beginn des Planfeststellungsverfahrens steuern, dies gilt aber nicht für die Durchführung bzw. den eigentlichen Zeitablauf dieses Verfahrens und schon gar nicht für die Einwendungen im Verfahren und etwaige Klagen vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel.
Einen Teil-Erfolg konnte die FDP aber verbuchen. Es wurde dann u.a. von den Stadtverordneten beschlossen::
.. 2. Der Magistrat wird beauftragt, die Machbarkeitsstudie sowie sämtliche dieser zu Grunde liegenden Studien und Gutachten zum Vorhaben Citybahn „Bad Schwalbach –Wiesbaden –Mainz“ im Detail sowie mit allen möglichen und geprüften Alternativen im Detail vorzulegen. Zahlen, Fakten, (Verkehrs-) Modelle, Prognosen, Berechnungen etc. sowie die Verkehrszellencharakteristik, die als Grundlage für das standardisierte Bewertungsverfahren herangezogen sind, ebenfalls vorzulegen.
.. 3. Die Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung und der Ausschüsse sowie die Anfragen sind vom Magistrat zeitnah und unverzüglich umzusetzen.
.. 4. Der Magistrat wird zudem gebeten darzulegen,
a. welche Agenturen mit den Werbemaßnahmen (Öffentlichkeitsarbeit) rund um das Projekt betraut wurden,
b. welche konkreten Aufträge an diese vergeben wurden,
c. in welcher Höhe bislang Ausgaben dafür getätigt wurden und
d. welche Kosten aus diesem Bereich noch zu erwarten sind.
Man darf gespannt sein, ob und wann nun die Machbarkeitsstudie vom November 2016 und die NKU vom 12.12.2017 in vollständiger Form mit allen Details vorgelegt werden. Wirklich überprüft wurden diese Unterlagen scheinbar von niemandem und zwar genauso wenig wie Alternativen zur Citybahn. Die Entwurfsplanung für die Citybahn (HOAI 3) wurde trotzdem und zwar doppelt beschlossen, denn das Gleiche war schon am 16.02.2017 geschehen. Immerhin werden die Bürger/-innen hoffentlich bald erfahren, mit welchen Millionenbeträgen der Werbefeldzug für die Citybahn eigentlich geführt wird.
[Hinweis: die beiden Beschlüsse der Stadtverordnetenversammlung 0590 und 0589 vom 21.12.2017 sind erst am 17.01.2018 im Politischen Informationssystem Wiesbaden PIWi freigegeben worden und können dort eingesehen werden; siehe auch den Link zu PIWi auf unserer Website.]