Bürgerentscheid CityBahn Wiesbaden – Website der Bürgerinitiative Mitbestimmung Citybahn

(26.10.20) Update Kosten: nicht förderfähige Kosten haben sich verdoppelt

(26.10.20) Update Kosten: nicht förderfähige Kosten haben sich verdoppelt

[ursprüngliche Fassung vom 22.10.2020, am Ende ergänzt am 25/26.10.2020]


Seit August 2020 wurde die Öffentlichkeit endlich häppchenweise über eine Aktualisierung der Kostenschätzung informiert. Wenig überraschend wurde dargelegt, dass die Baukosten sich von 305 Mio. € auf voraussichtlich 426,4 Mio. € erhöhen würden. Gleichzeitig hieß es beschwichtigend, die Baukosten würden nun mit 90 % gefördert, was angeblich zur Folge habe, dass die Stadt Wiesbaden sogar einen geringeren Eigenanteil als anfangs geplant für die Citybahn zahlen müsse. Seit einer Veröffentlichung in der Online-Ausgabe des Wiesbadener Kuriers vom 19.10.2020 liegen nun auch aktuelle Zahlen zu den Baunebenkosten und den Fahrzeugbeschaffungen vor.

In der nachfolgenden Grafik sind nochmals die ursprünglich in 2016 kalkulierten gesamten Kosten der Inbetriebnahme dargestellt und zum besseren Vergleich die aktualisierten Kosten vom Oktober 2020 gegenübergestellt.

Copyright BI Mitbestimmung Citybahn

Fazit: Die Gesamtkosten der Inbetriebnahme sind um rund 66 % gestiegen, während sich die nicht förderfähigen Eigenanteile mehr als verdoppelt haben.

Merke: Es ist nichts für die CityBahn GmbH und deren Gesellschafter billiger geworden, egal ob die Förderquoten nun seit 2016 erhöht wurden. Für die Förderfähigkeit gelten für beide Kalkulationen 2016 und 2020 deshalb identische Maßstäbe/Quoten, weil es noch keine Förderzusagen gibt.  Jegliche Förderzusagen können erst künftig (nach Abschluss des Planfeststellungsverfahrens) zu den dann maßgeblichen Bedingungen erteilt werden.

Die nicht förderfähigen Kosten der Inbetriebnahme, des laufenden Betriebs sowie die zu erwartenden Betriebsverluste müssen sich die an der CityBahn GmbH beteiligten 3 Kommunen WI, MZ und RTK irgendwie aufteilen. Nach welchem genauen Schlüssel ist unbekannt.

Natürlich nicht die zweckgebundenen Förderbeträge, sehr wohl aber die Eigenanteile würden den beteiligten Kommunen für z.B. die Schulsanierung fehlen.

Zu den Kosten der Inbetriebnahme kommen später im laufenden Betrieb für mind. 30 Jahre noch Erhaltungsinvestitionen für die Gleise, Oberleitungen, Fahrzeuge etc. hinzu, die grundsätzlich nicht gefördert werden. Erhaltungsinvestitionen laut Presseberichten mind. 1,7 Mio. € alleine für die Strecke, evtl. jährlich aber bis zu 22 Mio. € für die gesamte Infrastruktur inkl. Fahrzeuge.

zusätzliche Erläuterungen zur Grafik:

  • Wir können nur die von der CityBahn GmbH veröffentlichten Zahlenwerke als Grundlage heranziehen und diese bewerten. Im Zweifel müssen die Befürworter des Projekts und die von Ihnen beauftragten Fachplaner andere Zahlen liefern und diese auch belegen. 
  • B 1 – Die Förderquote soll nur in Hessen maximal 90 % betragen, für einen Teil der Baukosten in Rheinland-Pfalz wäre eine geringere Quote von voraussichtlich 85 % anzusetzen.
  • B 2 – Wenn die 38 neuen Züge der Citybahn keinen eigenen Betriebshof in Wiesbaden erhalten, sondern den vorhandenen in Mainz mitbenutzen sollen, dann scheint es naheliegend, dass der Mainzer Betriebshof für diese zusätzlichen Züge erweitert werden müsste.
  • B 3 – Die Baunebenkosten umfassen die Planungskosten der Architekten/Ingenieure aber z.B. auch Gebühren, Genehmigungs- und Versicherungskosten. Alleine die Planungskosten, nicht aber die weiteren Baunebenkosten könnten nach einer Neufassung von § 4 Abs. 4 Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) unter bestimmten zusätzlichen Voraussetzungen mit pauschal 10% der zuwendungsfähigen Bausumme gefördert werden. Problem: Die Förderfähigkeit von Planungskosten gilt erst ab dem 01.01.2020, ein Teil der Planungskosten ist aber vorher schon entstanden und bezahlt worden (vermutlich 15, 5 Mio. €).
  • B 4 – Die Kostenschätzung aus 2016 betraf 26 schmale Standard-Züge von 30 m zu je 3 Mio. €, nun sollen es aber 38 breitere Züge von 35 m werden mit einem verdoppelten Stückpreis von 6 Mio. €. Theoretisch könnten die Anschaffungskosten für die Züge auch noch gefördert werden (bis max. 60 %?), es gibt dazu aber bislang nur unverbindliche Aussagen.
  • Weitere Umplanungen und Preissteigerungen bis zur etwaigen Fertigstellung/Inbetriebnahme (2026?) wären sehr wahrscheinlich!

 


ergänzende Anmerkungen vom 25./26.10.2020 zu B 4:

Die Bürgerinitiative Pro Citybahn behauptet in einem Beitrag vom 24.10.2020 unter der reißerischen Überschrift „Fakt oder Fiktion: Verdreifachung der Fahrzeugkosten?“, bei der Bezeichnung der Anschaffungskosten für die Fahrzeuge im Wiesbadener Kurier (online) vom 22.10.2020 habe es einen Tippfehler in der Kostengrafik gegeben, der Betrag dürfe nicht auf 228 Mio. €, sondern müsse richtig auf 114 Mio. € lauten, weil es bei den Stückkosten von 3 Mio. € pro Fahrzeug aus der Machbarkeitsuntersuchung 2016 geblieben sei. Die falschen Zahlen habe unsere Bürgerinitiative kritiklos ohne Nachfrage übernommen. Weiter heißt es, die Züge seien jetzt auch nicht in einer breiteren Version eingeplant als 2016, denn in der Machbarkeitsuntersuchung sei auch schon eine Fahrzeugbreite vom 2,65 m genannt.

Sowohl die Wahl der Überschrift, als auch der Inhalt des Beitrags vom 24.10.2020 sind typisch für die „destruktiven Strategien“ der Bürgerinitiative Pro Citybahn, deren eigenen fragwürdigen Umgang mit den Fakten und deren unerträgliche Überheblichkeit.

1.

Zunächst wäre richtiger und alleiniger Adressat für den Vorwurf eines Fehlers bzw. einer Falschmeldung der Wiesbadener Kurier, denn er hat in seiner Online-Ausgabe am 19.10.2020 diese Grafik veröffentlicht:

Wiesbadener Kurier online (Plus-Artikel) vom 19.10.2020 „Fakten zur Citybahn: Die Kosten

Als erstes fällt auf, dass die CityBahn GmbH auf ihrer Webseite bis zum heutigen Tag gar keine vollständigen Zahlen zu den gesamten Projektkosten veröffentlicht hat. Die Citybahn wird dort bewusst schön gerechnet („Fake?“), indem nur die Schätzungen für die reinen Infrastrukturkosten bzw. den Bau des Fahrwegs veröffentlicht werden. Diese Unvollständigkeit und Unredlichkeit haben wir stets gebührend gerügt. Dies hat jedoch bis zum 19.10.2020 speziell beim Wiesbadener Kurier nie jemanden gestört.

Erstmalig am 19.10.2020 hat der Wiesbadener Kurier – im kostenpflichtigen und daher nur beschränkt zugänglichen Teil der Online-Ausgabe – das Ergebnis gesonderter Recherchen zu den Baunebenkosten, den Fahrzeugkosten und den Unterhaltungsinvestitionen veröffentlicht und mit obiger Grafik unterlegt.

Wenn der Betrag von 228 Mio. € für die Anschaffungskosten der Fahrzeuge falsch ist, dann wäre zu fragen, wo der angebliche Fehler genau lag. Möglicherweise hat die CityBahn GmbH sich geirrt und auf Nachfrage des Wiesbadener Kuriers falsche Zahlen geliefert. Möglicherweise liegt der Fehler aber auch nur intern beim Wiesbadener Kurier.

Wenn sich jemand hier Vorwürfe wegen unterlassener Nachprüfung der Zahl von 228 Mio. € gefallen lassen muss, dann ist es der Wiesbadener Kurier. Es ist Aufgabe eines Journalisten die Richtigkeit von Angaben im Zweifel zu hinterfragen oder mittels anderer Quellen zusätzlich zu prüfen. Hat die Zeitung selbst einen Fehler gemacht, so hat sie dies einzuräumen und sich zu den Gründen erklären.

2.

Eine offizielle Richtigstellung, Erklärung (Tippfehler?) oder gar Entschuldigung für eine Falschinformation ist uns unbekannt, insbesondere kennen wir keine entsprechende Presseerklärung der CityBahn GmbH, mit welcher sie sich gegen eine falsche Berichterstattung gewehrt hätte. Da sich die Bürgerinitiative Pro Citybahn ja offenbar (wieder einmal) zum Fürsprecher der CityBahn GmbH macht, möge sie auch für eine öffentliche Erklärung, Richtigstellung und/oder Entschuldigung durch die CityBahn GmbH Sorge tragen.

Sobald es eine ordnungsgemäße und offizielle Richtigstellung gibt wird unser Zahlenwerk völlig unverbindlich überprüft.

3.

Die Bürgerinitiative Pro Citybahn erhebt gebetsmühlenartig Vorwürfe an die Kritiker der Citybahn, diese würden mit falschen Zahlen arbeiten. In diesem Zusammenhang werden ständig Begriffe wie „Fake News“ oder auch ausdrücklich „Lüge“ verwendet. Wenn aber nun die Citybahn GmbH über den Wiesbadener Kurier bestimmte falsche Zahlen verbreiten lassen würde oder wenn der Wiesbadner Kurier selbst falsche Berechnungen angestellt haben sollte, die vor der Veröffentlichung ungeprüft blieben, wäre dann die obige Grafik vom 19.10.2020 also zumindest fahrlässige „Fake News“ gewesen?  Nimmt man die CityBahn GmbH oder auch den Wiesbadener Kurier für angebliche Fehler in Schutz, dann müsste man konsequenterweise auch bei Fehlern der Gegner der Citybahn einmal nachsichtig sein. Aber nein, es geht der Bürgerinitiative Pro Citybahn nur darum, das eigene Feindbild wach zuhalten und eben auf

Unabhängig von der Nachsicht für Fehler darf festgestellt werden, dass die CityBahn GmbH über viele Monate nicht fahrlässig, sondern bewusst „Fake“ auf der eigenen Webseite verbreitet hat und zwar zu den angeblichen Kapazitäten der Citybahn-Fahrzeuge.

Grafik CityBahn GmbH vom 09.03.2018

Mittlerweile wird im Webauftritt der CityBahn GmbH nur noch eine Kapazität von 440 Personen genannt. Doch oh Wunder, bei der Streaming-Informationsveranstaltung des Wiesbadener Kurier vom 20.10.2020 erklärte der Vertreter der CityBahn GmbH, die genaue Ausstattung und Beschaffenheit der Fahrzeuge sei noch nicht bekannt, man kalkuliere mit einer Kapazität von 200 x 2 = 400 Fahrgästen in Doppeltraktion.

Da fragt man sich, was man der CityBahn GmbH noch glauben kann und was „Fake“ ist. Aber das interessiert die Bürgerinitiative Pro Citybahn natürlich nicht.

4.

Die Bürgerinitiative Pro Citybahn verkennt in ihrem blinden Eifer zur Verteidigung des Projekts Citybahn immer wieder aufs Neue, dass die Befürworter eine Bringschuld für korrekte Zahlen haben. Sie müssen sagen, was der Spaß kosten würde und dies nicht nur behaupten, sondern nachweisen oder zumindest nachprüfbar machen.

Die Bürgerinitiative Pro Citybahn stellt die bloße Behauptung auf, die nunmehr benötigten 38 Fahrzeuge der Citybahn würden, wie in 2016 geschätzt, immer noch 3 Mio. € pro Stück kosten. Das ist zu bestreiten. Bei dieser Behauptung handelt es sich mit Verlaub sogar um bewusste „Fake News“.

In der Machbarkeitsuntersuchung vom November 2016 war die Rede von 30 m langen Fahrzeugen. Unbestritten sollen nun aber 35 m lange Züge zum Einsatz kommen. Wie kann es sein, dass um 1/6 größere Züge den gleichen Betrag kosten sollen? Das ist nicht schlüssig.

Die aktuellen Standard-Züge der Mainzelbahn („Variobahn“) mit rund 30 m Länge haben eine Fahrzeugbreite von 2,30 m. Bekanntlich soll die Citybahn an das Mainzer Straßenbahnnetz angeschlossen werden. Die Fahrzeugbreite für die Fahrzeuge der Citybahn war in der Machbarkeitsuntersuchung vom November 2016 nicht explizit genannt, sondern es war die Breite des „Lichtraums“ mit 2,65 angegeben worden. Wenn hier das Lichtraumprofil gemeint wäre, dann würde dies ein Umgrenzungsprofil meinen, d.h. einen Bereich, den die Fahrzeuge bei den üblichen seitlichen Bewegungen während der Fahrt auf der Schiene und insbesondere in Kurven nicht berühren dürften. Wenn diese Annahme stimmt, dann können die Fahrzeuge in 2016 nicht mit 2,65 Breite geplant gewesen sein. Wer die forsche Behauptung des Gegenteils aufstellt, der muss dies nachweisen oder zumindest plausibel machen.

Dass die Preise für Straßenbahnfahrzeuge von 2016 bis 2020 stabil geblieben seien, hört sich ebenfalls nicht schlüssig an. Oder verkaufen sich Straßenbahnen trotz des angeblichen europaweiten Booms solcher Fahrzeuge mittlerweile doch nicht mehr so gut, dass die Preise über 4 Jahre stabil geblieben bzw. für größere und längere Fahrzeuge sogar gefallen sind?

Die Befürworter der Citybahn haben bis zum heutigen Tag nicht mit einem einzigen Beleg untermauert, worauf sich ihre Behauptung des angeblich auch 2020 noch maßgeblichen Stückpreises von 3 Mio. € eigentlich stützen soll. Haben das die Vertreter der Planungsgemeinschaft oder der CityBahn GmbH etwa treuherzig mündlich gegenüber der Bürgerinitiative Pro Citybahn so erklärt? Oder gibt es irgendetwas schriftliches? Oder ist es einfach nur so, dass die Bürgerinitiative Pro Citybahn keine anderen Quellen als die Machbarkeitsuntersuchung 2016 benennen kann?

Die Befürworter sollen ihre unbewiesenen Behauptungen zu Stückkosten von 3 Mio. € belegen oder wenigstens nachprüfbar machen und zwar bitteschön hochgerechnet für 6 Jahre zum Datum der etwaigen Inbetriebnahme und der ersten/frühesten  Fahrzeuganschaffungen in 2026. Dafür müssten schon halbwegs aktuelle Preislisten oder besser noch prüfbare Angebote eines Herstellers für solche Züge von 2,65 m Breite und 35 m Länge im Zweirichtungsbetrieb vorgelegt werden. Der Hinweis auf die in 2019 erfolgte Bestellung von neuen Straßenbahnen von 45 m Länge in Dresden für 4,2 Mio. € pro Stück ist vollkommen untauglich, da diese Fahrzeuge eine andere Spurweite aufweisen. Außerdem ist unklar, ob diese Fahrzeuge solche für den Zweirichtungsbetrieb sind.

Solange die Bürgerinitiative Pro Citybahn keine nachprüfbaren Unterlagen vorlegt, muss sie sich vorhalten lassen, ins blaue hinein und ungeprüft bestimmte Stückkosten zu behaupten und wenigstens billigend in Kauf zu nehmen, dass die wirklichen Fahrzeugkosten deutlich höher wären.