(3.11.20) Keine Krokodils-Tränen, liebe Taunussteiner und Bad Schwalbacher
Der folgende Text stammt von Klaus Duda, vielen Dank für diese professionelle und sachliche Arbeit.
Die Wiesbadener haben sich eindeutig gegen die Beeinträchtigung ihrer Stadt durch Großbaustelle, Verkehrsverdrängung, Baumsterben und finanzielle Abenteuer entschieden.
Dies jetzt als „vertane Chance“ zu bezeichnen, wie der Landrat und die Bürgermeister von Taunusstein und Bad Schwalbach, unterstellt den Wiesbadener Bürgern Fehlentscheidungen und damit indirekt auch Dummheit oder Inkompetenz.
Der Rheingau-Taunus-Kreis hat sich verspekuliert bzw. aufs falsche Pferd gesetzt und sollte dies selbstkritisch zur Kenntnis nehmen, statt die Wiesbadener verantwortlich zu machen.
Bereits im Jahr 2016 gab es Untersuchungen und Pläne, den Schienenpersonenverkehr wieder nach Taunusstein und Bad Schwalbach zu bringen.
Besonders der Tourismus und die Landesentwicklung sollten gefördert werden. Ein Gutachten wurde durch die Planungsgesellschaft „BüroStadtVerkehr“ erarbeitet, und darauf basierend eine Beschlussvorlage für die Kreistagssitzung am 23.05.2017 (TOP III 2, Beschlußvorlage X 347). Darin sollten 1,015 Mio. Euro im Haushalt umgeschichtet werden, um damit die Aartalbahn Infrastruktur GmbH zu betrauen, die Aartalbahn bis Bad Schwallbach für den Tourismusverkehr zu ertüchtigen und einen solchen Verkehr einzurichten, der insbesondere auch die Landesgartenschau in Bad Schwalbach andient und als zusätzliche touristische Attraktion wirkt.
Eine in diesem Umfang funktionsfähige Aartalbahn wäre auch der erste Schritt für die Modernisierung der Strecke, den Anschluss an das Netz des RMV und die Wiederaufnahme eines allgemeinen Schienenpersonenverkehrs gewesen.
Dann stellte Wiesbaden das Projekt CityBahn vor und der Rheingau-Taunus-Kreis stellte seine eigenen Aktivitäten zur Förderung des Schienenpersonenverkehrs ein. Die Beschlußvorlage zur Finanzierung und Betrauung wurde am 23.05.2017 abgelehnt. Die Aartalstrecke siechte weiter vor sich hin, in Erwartung der Erweckung durch den Schmalspur-Prinzen CityBahn. Doch der hat sich vergaloppiert und wird nicht kommen.
Daher liebe Taunussteiner, Bad Schwalbacher und Bewohner des Landkreises, revidiert die Fehlentscheidung eurer Politiker vom 23.05.2017 und gestaltet euren eigenen Gleisanschluß an die Rhein-Main-Region für eure Pendler und Reisenden. Die Trasse dafür ist da und muss niemandem weggenommen werden. Sie bietet die Möglichkeit schneller und komfortabler Verbindungen nach Wiesbaden, Frankfurt, Mainz, dem Flughafen usw. in Fahrzeugen, die dank Normalspur schneller, laufruhiger, geräumiger und damit komfortabler sind als die Schmalspur-Variante CityBahn.
Natürlich sind dafür Investitionen, Modernisierungen und Baumaßnahmen erforderlich, auch im Bereich Wiesbaden, aber in wesentlich geringerem Umfang und wesentlich weniger einschneidend für die Wiesbadener Bevölkerung, als das was für die CityBahn erforderlich gewesen wäre. Und auch die Wiesbadener Innenstadt kann dann durch direkte und mehrfache Verknüpfung mit dem Wiesbadener Busnetz erreichen werden
Liebe Taunussteiner, lasst euch nicht von dem Popanz und Schreckgespenst „Güterverkehr“ verunsichern, das von interessierter Seite gegen die Reaktivierung der Aartalbahn aufgebaut wurde. Es ist äußerst unrealistisch, dass sich Güterverkehr auf diese Strecke verirrt. Mit 3,3% Steigung ist die Aartalbahn für übliche Güterzüge viel zu steil. Güterzüge sind immer lokbespannte Züge, und für lokbespannte Züge ist bei 4% Steigung Schluss. Triebwagen, bei denen alle Achsen angetrieben werden können, schaffen auch steilere Strecken, aber Güterzüge, bei denen nur die Achsen der Lok den Vortrieb liefern, können schon bei 3,3% nur noch wenige Wagen lang werden, damit es die Lok noch schafft.
Auch hat die Strecke enge Kurven mit 200 m Radius. Damals, als sie eröffnet wurde, ist extra dafür ein besonderer Waggontyp entworfen worden, der „Langenschwalbacher“ – kurze Waggons, trotzdem mit Drehgestellen, damit sie die engen Kurven bewältigen können. Dieser Typ Waggons heißt noch heute so. Heutige Güterwaggons sind selbstverständlich keine „Langenschwalbacher“, sondern für maximale Effizienz und damit größere Kurvenradien entwickelt.
Dass sich einer der Güterzüge von der Rheintaltrasse auf die Aartalbahn verirrt, ist technisch unmöglich.
Was an Güterverkehr auf der Aartalbahn eventuell möglich wäre, ist rein lokaler Güterverkehr, also die Verlagerung von Güterverkehr, der derzeit auf der Straße durchs Aartal fährt, auf die Schiene. Das wäre insgesamt gesehen eher ein Vorteil als ein Nachteil für die Region.
Liebe Taunussteiner, schließt euch der Initiative von Bund und den Ländern Hessen und Rheinland-Pfalz an, die die Aartalbahn von Diez bis Wiesbaden für den Passagierverkehr als reaktivierungswürdig einstufen. Selbst aktiv werden, statt auf andere zu schimpfen.