(9.2.21) Giftzwerge
Wie ich höre, fragen derzeit irgendwelche Pro-Citybahn-Aktivisten in irgendwelchen sozialen Medien die BI Mitbestimmung, ob sie die Stimmung in Wiesbaden vergiftet hätten, um der FDP Wahlkampfhilfe zu leisten.
Ich schreibe „irgendwelche“, weil ich selbst mir den Luxus leiste, nicht in sozialen Medien unterwegs zu sein. Mein Respekt gilt den BI Mitbestimmung-Kollegen und Kolleginnen, die das auf sich nehmen und den teils ziemlich aggressiven Spinnern, die dort unterwegs sind, die Stirn bieten.
Wenn ich mich an die Zeit vor dem Bürgerentscheid erinnere, fällt mir der Merkurist ein (R.I.P). Kaum daß man da einen Kommentar geschrieben hatte (ich habe mir den Spaß ein paarmal gegönnt, bevor es zu nervig wurde), kam zuverlässig die immer gleiche Rotte von Pro-Citybahn-Aktivisten an und hat sich auf diesen Kommentar gestürzt. Ich habe mich immer gefragt, was diese Leute eigentlich den ganzen Tag so machen – es kam mir so vor, als würden sie nur über Onlinemedien kreisen, immer bereit, auf alles niederzustoßen, was sich bewegt.
Aber ich schweife ab. Also: Beim Lesen dieser „vergiftet“-Pseudofrage dachte ich, das ist ja lustig. Die Leute, die jahrzehntelang versucht haben, die Wiesbadener mit einer Eisenbahn quer durch die Stadt zwangszubeglücken, beschweren sich über „Vergiftung“ der Stimmung.
Rekapitulieren wir doch noch mal: Da wurde jahrelang mit massivem Einsatz von Steuergeld und Quasi-Steuergeld, massivem Einsatz diverser Aktivisten im Journalistenpelz, massivem Einsatz von Politprominenz und den Ressourcen einer ganzen Stadt und städtischer Unternehmen versucht, ein Projekt durchzupeitschen, das, wie es sich dann herausgestellt hat, von einer deutlichen Mehrheit der Bürger (62% dagegen, 38% dafür) abgelehnt wurde. Und selbst dieses Ergebnis wurde wohl nur durch massive Propaganda und den Einsatz diverser Euromillionen für „Kommunikation“ erreicht. Ich vermute, bei einer fairen Verteilung der Ressourcen wäre für „Pro“ eher etwas in der Größenordnung heutiger SPD-Bundestags-Wahlprognosen herausgekommen.
Die Zeichen, daß dies so kommen würde, waren von Anfang an deutlich; das hat die Protagonisten aber immer nur weiter angespornt, mit immer verzweifelteren Mitteln zu arbeiten (denken Sie auch noch an die Fragestellung zum Bürgerentscheid?)
Das hat Wiesbaden gespalten und teilweise die Stimmung in der Stadt vergiftet. Wenn ein Verkäufer immer aufdringlicher wird und auf höfliches „nein danke“ nicht reagiert, auch wenn es mehrfach wiederholt wird, muß man eben anfangen, lauter zu sprechen. Stellen Sie sich vor, dieser aufdringliche Verkäufer wirft Ihnen dann vor, Sie hätten die Stimmung vergiftet, weil Sie sein Produkt abgelehnt hätten – crazy, oder?
Sowas erinnert mich an Trump – hat er nicht mal gesagt, er sei bereit, jedes Wahlergebnis anzuerkennen, solange es ihn als Präsidenten bestätigt?
Ich nehme sehr wohl war, daß in einschlägigen Kreisen immer noch der Citybahn hinterhergetrauert und auf die nächste Chance gewartet wird, das Ding doch noch durchzudrücken. Es würde mich auch nicht wundern, wenn die Grünen – offiziell ja große Fans von Bürgerbeteiligung (solange es ihren Zielen dient, wie man beim Thema Citybahn gelernt hat) ihre Regierungsbeteiligung in Hessen nutzen würden, das Instrument Bürgerbegehren/Bürgerentscheid zu beschneiden oder irgendwie auszuhebeln. Ich denke dabei an die Begründung der Nichtzulässigkeit des Bürgerbegehrens der BI Mitbestimmung, Stichwort Kostenabschätzung. So wie ich das sehe, lief das im Kern darauf hinaus, daß für ein erfolgreiches Bürgerbegehren Informationen benötigt werden, die noch nicht mal die „Obrigkeit“ hat beziehungsweise ganz sicher nicht herausrücken wird, wenn es sich irgendwie machen läßt.
Also, liebe Citybahn-Freunde: Nein heißt nein. Lernt damit zu leben. Und das ist gar nicht giftig gemeint.