Wie der Wiesbadener Kurier unter Berufung auf eine vertrauliche Magistratsvorlage berichtet, benötige die defizitäre ESWE Verkehr in den nächsten Jahren deutlich höhere Zuschüsse von der Stadt. Als erstes müssten bis zum Jahr 2022 die jährlichen Zuschüsse von 21,7 Mio € um 2,5 Mio € auf 24,2 Mio € erhöht werden, hauptsächlich um die gestiegenen Personalkosten abdecken zu können. Würden dagegen die Großprojekte Umstellung auf E-Busse , Bau der Citybahn und Fahrradmietsystem realisiert, so steige der Zuschussbedarf im Jahr 2018 zusätzlich um weitere 3,5 Mio €, in 2020 um € 7,8 Mio € und in 2022 um 11,3 Mio €, was sich auf einen Mehrbedarf von insgesamt 41,1 Mio € bis zum Jahr 2022 addiere. Zahlen für die Zeit ab 2022 seien in der Magistratsvorlage nicht genannt.
Kommentar:
Die genannten Zahlen sind einstweilen für das Projekt Citybahn nicht nachvollziehbar, denn es ist unbekannt, wie sich die beschriebenen Mehrkosten im Einzelnen auf die drei Großprojekte verteilen sollen. Zu befürchten ist allerdings, dass ESWE Verkehr in Bezug auf die Citybahn die Kostenkalkulation aus der Machbarkeitsstudie 2016 zugrunde gelegt hat, deren Richtigkeit aus vielen Gründen schon zu bezweifeln ist (vgl. Belastung des städtischen Haushalts). Zu befürchten ist vor allem, dass die Berechnungen von ESWE Verkehr die Mehrkosten für die zwischenzeitlich bereits beauftragten zusätzlichen Untersuchungen zu weiteren Streckenvarianten der Citybahn nicht einschließen. Schlimmer noch: Da momentan die genaue Trassenführung (über Biebrich oder über Wiesbaden Ost) unklar ist, kann gar nicht seriös abgeschätzt werden, wie teuer die Citybahn dann tatsächlich eines Tages alleine in ihrem 1. Planungsabschnitt wird.
Sicher ist aber, dass sich die notwendigen städtischen Zuschüsse für die Citybahn auf Grundlage der (überholten?) Machbarkeitsstudie 2016 und alleine für die Teilstrecke zwischen der FH und der Theodor-Heuss-Brücke zunächst auf Infrastruktur-Baukosten von 149 Mio € erstrecken müssten, von denen 12,5 % = 18,63 Mio € nicht aus Bundes- oder Landesmitteln übernommen werden könnten. Auf diese 18,63 Mio € für reine Baukosten sind aber noch die nicht förderfähigen Planungskosten von 19 % aus 149 Mio €, d.h. weitere 28,31 Mio € aufzuschlagen. Damit nicht genug: Es müssten noch für 6 Mio € der ESWE Betriebshof erweitert und zumindest ein großer Teil der Fahrzeuganschaffungskosten bezahlt werden.
Betrachtet man aber nur die nicht förderfähigen Bau- und Planungskosten von 46,93 Mio €, so ergibt sich bereits, dass die von ESWE Verkehr angemeldeten höheren Zuschüsse von 41,1 Mio € bis 2022 nicht stimmen und nicht einmal für das Projekt Citybahn ausreichen könnten. Wenn die Citybahn erst ab 2022 durch Wiesbaden rollen soll, dann könnten Einnahmen aus deren Betrieb ja auch nicht vor 2022 fließen und die Defizite von ESWE Verkehr reduzieren. Dass die Citybahn nach ihrer Fertigstellung aber überhaupt betriebswirtschaftlich kostendeckend betrieben werden könnte, behauptet nicht einmal ESWE Verkehr. Spätestens ab der ersten Fahrt der Citybahn würden jedenfalls auf ESWE Verkehr und damit auf die Stadt die Kosten der laufenden Wartung und Unterhaltung der Fahrwege und Züge zukommen, die dann weder von Bund, noch vom Land subventioniert werden können.
Nur der Deutlichkeit halber: Unsere obigen Überlegungen zu den notwendigen städtischen Zuschüssen an ESWE Verkehr beziehen sich nur auf den bisherigen 1. Planungsabschnitt und die 2016 kalkulierten Kosten. Würde die Citybahn bis zur Stadtgrenze nach Klarenthal bzw. Kohlheck oder gar in weitere Stadtteile gebaut, wie es ja geplant ist, dann kämen noch deutliche höhere Bau- und Planungskosten ins Spiel. Und dass generell solche Kosten steigen könnten, ist allgemein bekannt.
Sehr schade ist es ansonsten, dass der Wiesbadener Kurier nun schon wieder das irreführende Foto vom 13.10.2017 verwendet hat.