Investitionen von ca. € 650.000.000.- bis 700.000.000.-, eine Fahrgastkapazität von 200 FG nach Mainz (ersetzt 2 Gelenkbusse), Entfall von dauerhaft 2/2,5 Fahrspuren zugunsten einer Eisenbahntrasse (hier fährt kein Fahrrad, Taxi, Rettungswagen, etc.) und jahrelange Großbaustellen und unnnötige Umweltbelastungen und Baumfällungen (ca. 150 Stück) halten wir für überflüssig und sogar zukunftsschädlich.
Citybahn stadtauf, stadtab. Seit drei Jahren warten die Bürger/-innen auf einen Bürgerentscheid. Um darüber abzustimmen, ob sie eine Citybahn, eine Stadtbahn auf einem knapp 7m breiten eigenen Gleisbett, quer durch eine ohnehin enge Innenstadt und unter dauerhaften Entfall von min. zwei Fahrspuren, überhaupt wollen und nicht nur über das Wie im Rahmen von Agenturleistungen informiert zu werden.
Bereits über € 3 Mio. sind mittlerweile in die Kommunikation und PR- und Agenturleistung zur Citybahn und Mobilitätsleitbild geflossen. Ein Verkehrsdezernat und eine kommunale Verkehrsgesellschaft außer Rand und Band.
Das s.g. Mobilitätsleitbild sollte ursprünglich als ergebnisoffene Gesamtbetrachtung unter Einbindung und direkter Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger entwickelt werden. Stattdessen wurde dieser Entwicklungsprozess zu einer reinen Agenturleistung degradiert, indem eine bekanntermaßen ständig für die Citybahn tätige Werbeagentur die Regie erhielt, die wiederum eine willkürliche Auswahl an Teilnehmern (Interessengruppen und Unternehmen) vornahm, einen wissenschaftlich Beirat bestimmte und andere Citybahn-Auftragnehmer (Planungsbüros, Gutachter etc.) in die entscheidenden fachlichen Funktionen berief, um die Meinungshoheit des ideologisch getriebenen Dezernats über das Mobilitätsleitbild zu garantieren. Unter anderem wurde ein Professor aus Berlin in den wissenschaftlichen Beirat berufen, dessen Position ist, Eigentum am PKW solle als menschenfeindlich verboten werden. Eine andere Teilnehmerin aus dem Gremium untermalte ihre Position u.a. durch Bilder von Toten Tauben. Theatralischer und polemischer geht’s kaum.
Kritikpunkte und Vorschläge von den wenigen echten Bürgervertretern blieben fast ausnahmslos ungehört bzw. wurden nicht weiterverfolgt. Vor allem aber gab es am Ende in der letzten gemeinsamen Veranstaltung für das Mobilitätsleitbild unter den verbliebenen Teilnehmern keine demokratische Abstimmung über die gewonnenen Erkenntnisse und Ergebnisse. Insofern hat eine Bürgerbeteiligung gerade eben nicht stattgefunden, in Wahrheit war sie auch gar nicht gewollt.
Das Mobilitätsleitbild ist aus einem weiteren Grund zu einer Farce verkommen: Die allermeisten Inhaltspunkte sind überhaupt nicht neu erarbeitet worden, sondern bereits Gegenstand des Green City Masterplans oder der Fortschreibung des Luftreinhalteplans für Wiesbaden gewesen, also schon zuvor teils sogar verbindlich festgelegt worden.
Dass von den Befürwortern des Citybahn Projekts angepriesene Credo, die Citybahn sei doch das Massentransportmittel schlechthin und die einzige Rettung vor dem Wiesbadener Verkehrskollaps, ist spätestens mit Corona als Argument massiv ins Wanken geraten. Im ÖPNV des Rhein-Main-Gebiets misst man aktuell noch eine Auslastung von 65% gegenüber der Vor-Coronazeit. Ob und wann die Auslastung wieder den alten Stand erreicht oder diesen sogar übertrifft und inwieweit es für Nutzer überhaupt noch attraktiv erscheint, in Massentransportmittel zu steigen, wird man erst in ein paar Jahren wissen. Aktuell hat sich jedenfalls Home-Office und Flexibilität am Arbeitsplatz weiter und beschleunigt breit gemacht.
Sei es noch so unpopulär: Straßen, Pkws und Busse sind flexibel nutzbar. Ein Bus kann meist um ein Hindernis (Unfall, Panne, Baustelle, Notfall, Wasserrohrbuch, etc.) herumfahren, während die Citybahn in solchen Fällen auf ihrem Gleis selbst zum Hindernis wird. Gerade aktuell zeigt sich, dass es hilfreich ist, auf Verkehrssituationen unterschiedlich reagieren zu können. Derzeit sieht man trotz zusätzlichen Baustellen- und Corona-Verkehrs, wie wichtig es ist flexibel und anpassungsfähig zu bleiben.
Und modern. Dazu zählen neue Technologien, wie z.B. Wasserstoffbusse, E-Busse und andere moderne Antriebsarten. Antiquiert ist ein starres und nahezu unumkehrbares Schienensystem aus dem vorletzten Jahrhundert.
Und die Kosten? Die aktuell geplanten ca. € 650 Mio. Gesamtkosten an Steuermittel könnten auf einen Bruchteil reduziert werden, wenn man statt in eine Straßenbahn viele Millionen Jahr für Jahr in die Modernisierung und Verbesserung der Busflotte und Busspuren investiert. Jeder Euro ist ein Steuer-Euro, egal ob von Bund, Land oder aus Wiesbaden. Da die Citybahn nicht notwendig ist, wäre es um jeden Steuer-Euro schade, der dann an anderer Stelle fehlt.
Auch im Hinblick auf die Umwelt steht die Citybahn nicht so gut da, wie immer getan wird. Der enorm hohe Energiebedarf einer 70 Tonnen Bahn (Leergewicht) auch und gerade in den Randzeiten, die jahrelangen Großbaustellen, verknüpft mit viel Stahl, Beton, zusätzlichen Staus und dauerhaftem Suchverkehr (Parkplätze etc.) sowie die negativen Auswirkungen im Hinblick auf das besondere Stadtbild von Wiesbaden sind zusätzliche, unnötige Belastungen. Busspuren kann man vereinfacht und verkürzt dargestellt mit überschaubaren Aufwand erstellen, erhalten und bei Bedarf in Kürze wieder freigegeben. Busspuren können von anderen mitbenutzt werden (Rettungswagen, Taxen, Fahrräder oder bei Unfall, Baustelle o.ä.) und sie sind keine Belastung für Generationen.
Wiesbaden braucht sicher vieles, aber keine Citybahn.