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27.08.2018 – Die Citybahn und der Modal Split

27.08.2018 – Die Citybahn und der Modal Split

Immer wieder heißt es, in Wiesbaden werde angeblich eine Citybahn gebraucht, um den Anteil des Verkehrsaufkommens (= Modal Split) am ÖPNV im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln zu erhöhen. Auch bei der Informationsveranstaltung vom 06.08.2018 bei der IHK Wiesbaden wurde von Herrn Prof. Dr. Zemlin wiederum eine Grafik mit verschiedenen Städten präsentiert und ausgeführt, nur eine Stadt mit Schienenverkehrssystem könne angeblich einen Anteil von über 20 % für den ÖPNV erreichen.

Folie 13 aus Präsentation Prof. Zemlin vom 06.08.2018 bei der IHK Wiesbaden

Diese Thesen überzeugen nicht und sie sie sind auch wissenschaftlich kaum fundiert.

Der Modal Split hängt nach zutreffender Einschätzung nicht entscheidend vom Vorhandensein eines Schienenverkehrsmittels, sondern von einer Vielzahl anderer Faktoren ab. Vor allem kommt es u.a. auf die soziale Struktur einer Stadt, die finanzielle Ausstattung der Haushalte (Geldmittel für eigenen PKW), Haushaltstypen (Single, Familien, Zahl der Kinder), Altersstruktur der Bevölkerung und die Erreichbarkeit der Verkehrsziele an. Dies lässt sich sehr gut anhand der Studie „Mobilität in Deutschland 2008“ (MiD 2008) von Infas und DLR ableiten.

Im Jahr 2008 bestanden beim Anteil des Verkehrsaufkommens am ÖPNV in den Bundesländern sehr große Unterschiede, nämlich zwischen 6 % und 21 %. Den höchsten Anteil konnte das Land Berlin verbuchen, weil es ein Stadtstaat mit relativ kurzen Wegen ist. Die geringsten Anteile am ÖPNV weisen die eher dünn besiedelten Flächenländer wie etwa Sachsen-Anhalt und Niedersachsen auf.

Aus der genannten Studie „MiD 2008“ geht ferner recht deutlich hervor, dass der Anteil des ÖPNV ganz grundsätzlich in einer Kernstadt größer ist, als in verdichteten Kreisen und in ländlichen Kreisen.Das Vorhandensein einer Straßenbahn oder einer U/S-Bahn als solches ist auch sonst nicht zwingend für einen hohen Anteil des ÖPNV, wie die nachfolgenden Beispiele [*] zeigen:

Wie aus der obigen Zusammenstellung deutlich wird, hat Bremen trotz Straßenbahn nur einen Anteil am ÖPNV von 14 %, dagegen einen sehr hohen Anteil für die Nutzung des Fahrrads, was auch an der Topographie liegen dürfte. Interessant ist auch Darmstadt. Im Vergleich zu Wiesbaden hat Darmstadt eine Straßenbahn, aber eben auch nur einen Anteil am ÖPNV von 15 %. Kassel hatte zumindest in 2008 nur 17 %  Nutzung des ÖPNV, so dass man sich fragt, auf welchen Quellen die Angaben von ESWE Verkehr beruhen. Die Beispiele Bremen und Darmstadt stehen aber so oder so in Widerspruch zur These von Herrn Prof. Zemlin.

[* Quellenangaben zur Übersicht: Die Zahlen aus dem Jahr 2008 entstammen der Studie „Mobilität in Deutschland 2008 (MiD 2008)“ von Infas und DLR sowie aus einer vertiefenden Analyse des Regionalverbands RheinMainFrankfurt „Mobilitätskennziffern für die Region Frankfurt/Rhein-Main und ihre Kommunen 2014“. Die Daten für Hamburg aus dem Jahr 2014 sind entnommen einer Dokumentation der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestags „Modal Split in ausgewählten Deutschen Großstädten“, Dokumentation WD 5 – 3000 – 084/17 vom 20.11.2017. Und die Daten der Stadt Münster finden sich im 3. Nahverkehrsplan der Stadt Münster aus dem Jahr 2016.]