Es wird im persönlichen Kommentar von Frau Leubner beklagt, der Stimmenfang für den Bürgerentscheid habe „amerikanisches Niveau“ erreicht, um ein einfaches Ja oder Nein und um Argumente gehe es an vielen Stellen nicht mehr, man scheue sich nicht mehr vor persönlichen Angriffen. Gestützt wird dies hauptsächlich auf insgesamt 3 Banner, über welche die Tagespresse vor kurzem berichtete.
Frau Leubner muss sich zunächst fragen lassen, was mit einem (Werbe-) Banner ganz grundsätzlich eigentlich erreicht werden kann und soll. Antwort: Es geht sicherlich um einen Slogan bzw. eine vereinfachte oder stark verkürzte (und ggfs. zugespitzte) Aussage, die auf den ersten Blick und aus größerer Entfernung zu erkennen ist. Banner oder auch Wahlplakate dienen gemeinhin nicht dazu, etwa mehrere Argumente darzustellen. Wenn Frau Leubner eine sachliche Auseinandersetzung mit den angeblichen Notwendigkeiten und Vorteilen der Citybahn vermisst, dann hat sie leider wohl nicht richtig recherchiert und bedauerlicherweise die Webseite der BI Mitbestimmung und den Menüpunkt „Argumente“ oder die weiteren Beiträge unter „Aktuelles“ übergangen.
Es geht daher zunächst völlig fehl, das Banner der BI Mitbestimmung mit dem Slogan „So blöd ist Wiesbaden nicht – Am 01.11.2020 Nein zur Citybahn“ deshalb zu kritisieren, weil dieses Banner frei von Argumenten sei. Um Argumente geht es bei einem Banner wie gesagt nicht.
Schlimmer wiegt allerdings die fehlerhafte Einschätzung, mit dem Banner solle den Befürwortern der Citybahn Dummheit unterstellt werden. Offenbar steht die Aussage auf dem Banner eindeutig im Zusammenhang mit dem Bürgerentscheid am 01.11.2020. Und offensichtlich hat Frau Leubner die Auseinandersetzung um eine sachgerechte und zulässige Fragestellung für den Bürgerentscheid verdrängt. Wenn sich eine BI seit mehr als 3 Jahren für einen Bürgerentscheid zur Citybahn einsetzt und dann eine solche Fragestellung beschlossen wird, darf man sich da nicht veralbert fühlen? Vor allem aber wurde ausgerechnet der Beitrag im WK vom 06.07.2020 ausgeblendet, wo das Ergebnis einer Umfrage unter den Wiesbadenern zu der von der Stadtverordnetenversammlung beschlossenen Fragestellung wiedergegeben wurde. Wie es in diesem Beitrag hieß, falle das Urteil der Bürger über die aus 41 Wörtern bestehende Fragestellung vernichtend aus. Es ist daher so fernliegend, die Aussage auf dem genannten Banner mit der ebenso befremdlichen wie bedenklichen Fragestellung für den Bürgerentscheid in Zusammenhang zu bringen? So blöd ist Wiesbaden nicht, um nicht den suggestiven Charakter der Fragestellung zu erkennen und nicht mit Nein abzustimmen.
Das weitere Banner der BI Mitbestimmung, die Stadt gehöre den Bürgern und nicht Hinninger, Lorenz und Mende ist ganz sicher ebenfalls nicht auf amerikanischem Niveau oder in irgendeiner Form zu persönlich. Die drei genannten Personen stehen als Spitzenpolitiker Ihrer Parteien bzw. Fraktionen stellvertretend für diejenigen Protagonisten der Rathaus-Kooperation, welche die auch rechtlich angreifbare manipulative Formulierung für die Fragestellung zum Bürgerentscheid am 01.11.2020 zu verantworten haben. Für Partei und Fraktion der Grünen gilt dabei, dass diese trotz der basisdemokratischen Wurzeln eigentlich zu jeder Zeit alles unternommen haben, um eine Befragung der Bürger über die Citybahn im Rahmen eines Bürgerentscheids entweder zu verhindern oder zumindest zu verzögern. Neben der Fraktion der Grünen hat ganz maßgeblich die SPD die Fragestellung mit zu verantworten, denn diese beruht auf einem gemeinsamen Vorschlag, wie der WK am 26.05. und 08.06.2020 berichtete.
Sonderfall ist sicherlich der ehemalige Fraktionsvorsitzende der CDU-Rathausfraktion Herr Lorenz, welcher laut Bericht im WK vom 28.08.2018 einen Bürgerentscheid als politisch nicht sinnvoll und als rechtlich unzulässig bezeichnet hatte. Dem kann man nur entgegnen, dass selbstverständlich in Wiesbaden ein Bürgerentscheid über die Citybahn rechtlich sehr wohl zulässig und sachlich nicht nur sinnvoll, sondern den Bürgern bei einem derartigen Großprojekt sogar geschuldet ist. Eine Mitbestimmung der Bürger auch bei großen kommunalen Verkehrsprojekten ist in Hessen gemäß § 8b HGO aus guten Gründen eben gerade nicht ausgeschlossen. Bei solchen Vorhaben gehört die Stadt den Bürgern und nicht den Politkern, die ein solches Verkehrsprojekt gutheißen und meinen, sie könnten dieses unabhängig vom Bürgerwillen durchsetzen.
Alle Banner der BI Mitbestimmung haben für jeden deutlich sichtbar stets deren Namen getragen. Es ist daher eigentlich ein Unding, wenn ein Banner, welches keinen Urheber bzw. Verantwortlichen erkennen lässt, in einen Zusammenhang mit der BI Mitbestimmung gebracht wird, bloß weil dieses Banner sich augenscheinlich gegen die Citybahn und den Verkehrsdezernenten Herrn Kowol richtet. Davon abgesehen, dass schon die bloße Nachfrage bei der BI Mitbestimmung nach dem Urheber des Banners mit dem Konterfei von Herrn Kowol eine Verdächtigung zu einer Mitverantwortlichkeit beinhaltet, hat sich die BI Mitbestimmung, was eigentlich überflüssig war, von diesem Banner distanziert. Wenn es aber im gleichen Atemzug im Kommentar von Frau Leubner heißt, das Banner stamme von einem aktiven Mitglied der BI Mitbestimmung, dann wird in unzulässiger Weise der Eindruck erweckt, die BI Mitbestimmung stecke eben doch irgendwie indirekt hinter diesem Banner. Das ist eine klare Fehlleistung. Ob jemand nun ein Mitglied in einer der beiden existierenden Bürgerinitiativen ist, die sich gegen die Citybahn aussprechen, hat doch nichts damit zu tun, was dieses Mitglied auf eigene Faust und rein privat gegen die Citybahn oder bestimmte Politiker nach außen kundtun möchte. Scheinbar ist es aber schon so weit, dass alleine die – berechtigte – Kritik an einem Verkehrsprojekt wie der Citybahn durch eine BI zu einem Generalverdacht führt, dass auch exzessive Äußerungen, Plakate etc. gegen dieses Projekt der BI insgesamt zugerechnet werden müssen oder dass die BI zumindest den Boden für etwas derartiges bereitet habe. Da die BI Mitbestimmung jedoch erkennbar kein eingetragener Verein, sondern ein freier Zusammenschluss von Bürgern aus Wiesbaden ist, gibt es keine Satzung oder sonstige Handhabe, die es erlauben würde, auf private Meinungsäußerungen einzelner Mitglieder in irgendeiner Form Einfluss zu nehmen. Das gelingt übrigens nicht einmal innerhalb von politischen Parteien.
Ansonsten kann für die BI Mitbestimmung nur nochmals wiederholt werden, dass jede ihrer Erklärungen nach außen und auch jedes ihrer Banner stets den Verantwortlichen erkennen lässt. Wenn es auch „Fake-Aufkleber“ im Namen von Herrn Kowol im Frühjahr gegeben haben sollte, dann ist dies zwar bedauerlich, hat aber wiederum nichts mit der Arbeit der BI Mitbestimmung zu tun. Allerdings machen diese Aufkleber deutlich, dass eben die Ablehnung gegen die Citybahn sich nicht nur in insgesamt zwei Bürgerinitiativen kanalisiert, sondern auch anderweitig augenscheinlich in verschiedenen Formen vorhanden ist.
Ansonsten hat Frau Leubner formal gesehen zwar recht, dass es bei dem Bürgerentscheid über die Citybahn nicht um Leben und Tod oder die Existenz geht. Es stimmt jedoch bedenklich, die Citybahn umgekehrt als bloße Straßenbahn zu verharmlosen. Die Citybahn stellt ein Verkehrsprojekt von derartiger finanzieller und zeitlicher Dimension dar, dass dies für sich genommen auch als existenziell für die Stadt als solche bezeichnet werden könnte. Denn wenn finanzielle Mittel in Millionenhöhe über ca. 50 Jahre und länger als Betriebskostenzuschüsse der Citybahn eingeplant werden müssen, dann fehlen diese Mittel anderswo.
Zudem liefe die Einführung einer Citybahn mit all ihren Wirkungen und Nebenwirkungen auf eine Verkehrswende und weiteres Streckennetz (z.B. nach Bierstadt) hinaus, welche für die nächsten Generationen und deren Mobilitätsmöglichkeiten vorgreiflich sein würde. Nicht zu vergessen sind außerdem die Beeinträchtigungen für Anwohner und den übrigen Verkehr, die der Bau einer „Straßenbahn“ nun einmal mit sich bringt und die von vielen Bürgern nicht als harmlos angesehen werden.
So gesehen muss über die Notwendigkeit und Sinnhaftigkeit der Citybahn gestritten und eine Mehrheitsmeinung für oder gegen eine solche etwaige Verkehrswende mittels eines Bürgerentscheids gefunden werden. Dabei darf es wegen der herausragenden Bedeutung dieses Projekts auch eine notfalls harte Auseinandersetzung geben, zumal dann, wenn die Befürworter versuchen, mit einer manipulativen Fragestellung den Ausgang des Bürgerentscheids in ihrem Sinne zu steuern.
So etwas wie Hass und Brass geht für den aufmerksamen Beobachter leider hauptsächlich von der einzigen BI für die Citybahn, der BI Pro CityBahn gegen die Kritiker der Citybahn aus. Die BI Pro CityBahn und ihre Mitglieder tun sich schon seit Jahren durch Schmähungen und kaum zu überbietende Arroganz bei den Diskussionen innerhalb der sozialen Medien hervor. Die BI Pro CityBahn ist sich z.B. nicht zu schade, u.a. der BI Mitbestimmung willentliche „destruktive Strategien“ und eine Unterdrückung von Diskussionsbeiträgen auf deren Webseite vorzuwerfen, obwohl dafür nachvollziehbare technische und datenschutzrechtliche Gründe genau erläutert wurden. Der Hochmut, mit welchem die Befürworter der Citybahn immer wieder die gleichen nicht stichhaltigen Argumente vorbringen, und die persönlichen Anfeindungen in den sozialen Medien gegen die Kritiker der Citybahn wären es wert, einmal journalistisch genauer aufgearbeitet zu werden.