Die Ende August in den Medien verbreiteten Kosten zur Citybahn sind erneut Anlass für eine Aufklärung.
Die bis vor kurzem beharrlich (laut Machbarkeitsstudie 2016) kommunizierten reinen Baukosten für den Fahrweg (Mainz über Wiesbaden bis Bad Schwalbach) sollten sich angeblich auf € 305 Mio. belaufen. Hierzu war eine Förderung durch Bund & Land von bisher 87,5% avisiert, also wären 12,5% von der CityBahn GmbH und ihren Gesellschaftern alleine zu tragen, was rund € 38 Mio. ausmacht.
Dazu kamen (Stand Machbarkeitsstudie 2016) rund € 78 Mio. für die Fahrzeuge, rund € 6 Mio. für die Erweiterung des ESWE-Betriebshofs sowie Planungs-/Nebenkosten von € 59 Mio., was weiteren Kosten von € 143 Mio. entsprach, die nach damaligen Stand ohne Förderzuschüsse von der Citybahn Gesellschaft zu tragen gewesen wären. Geschätzte Gesamtkosten also damals € 448 Mio.
Die Gesamtbelastung der Citybahn GmbH hätte sich aufgrund der bislang geschätzten Kosten demnach auf Baukosten Fahrweg von € 38 Mio. und Fahrzeugbeschaffungs- und Planungskosten von € 143 Mio. = € 181 Mio. belaufen.
Laut Stand August 2020 soll nun der Zuschuss von Bund & Land auf 90% ansteigen. Die Baukosten für den Fahrweg sollen aber um rund 40 %, d.h. um € 121 Mio. angestiegen sein und nunmehr € 426 Mio. betragen. Das bedeutet: Die Citybahn GmbH hätte für den Bau des Fahrwegs zwar eine geringere Quote, aber von einem höheren Ausgangsbetrag zu tragen. Die Belastung wäre effektiv höher, da 10% von € 426 Mio. nun einmal € 42,6 Mio. ergeben.
Dazu kämen aber weiterhin zumindest die mit höchster Wahrscheinlichkeit überholten Kosten aus 2016 für die Maßnahmen außerhalb des reinen Fahrwegs (Fahrzeuge, Planung etc.) von wenigstens € 181 Mio., bei denen ungeklärt ist, inwieweit diese neuerdings nun doch von Bund oder Land subventioniert werden könnten. Dort werden sicherlich auch deutlich höhere Kosten (40 % ?) zu erwarten sein, die allerdings (Stand August 2020) nicht genannt werden. Grundsätzlich sollen Baunebenkosten mit 19 % der Bausumme veranschlagt werden. Dies würde bedeuten, dass allein die Planungskosten von € 59 Mio. auf € 81 Mio. noch ansteigen würden.
Berücksichtigt man aber alleine die aktuellen um € 121 Mio. auf € 426 Mio. erhöhten Baukosten für den Fahrweg und schlägt diesen die Kosten für Fahrzeugbeschaffung und Planung nach alter Schätzung (Stand 2016) von € 143 Mio. zu, so würden sich Gesamtkosten von mindestens € 569 Mio. ergeben.
Solange die zusätzlichen Kosten für Fahrzeugbeschaffung und Planung nicht aktualisiert und auf den Stand August 2020 gebracht sind und solange keine verlässlichen Informationen oder gar Zusagen für eine Teil-Förderung durch Bund & Land für Fahrzeugbeschaffung und Planung vorliegen, ist es schlicht unzulässig zu behaupten, die Citybahn GmbH müsse trotz gestiegener Baukosten für den Fahrweg am Ende weniger selbst aufbringen, als 2016 kalkuliert wurde.
Die bisherige Kostensteigerung für den reinen Fahrweg in 4 Jahren von 2016 bis 2020 kann auch nicht überraschen, denn in der Regel liegen die finalen Fertigstellungskosten bei vergleichbaren öffentlichen Bauvorhaben 30 % bis sogar 100% über den ursprünglich kalkulierten Kosten. Der Stand der Kosten im August 2020 ist auch gewiss nicht der endgültige Stand der Kosten. Möglicherweise könnten durch Mehraufwand und Sonderwünsche (Teilstrecken ohne Oberleitung, Rasengleise, Umplanungen etc.) in den nächsten 4 Jahren, also bis 2024, nochmals Steigerungen von 40 % zu erwarten sein. Nach den Vorstellungen der Planungsgemeinschaft könnte frühestens in 2026 mit einer Inbetriebnahme der Citybahn gerechnet werden. Das wären dann nochmals 2 weitere Jahre mit Preissteigerungen.
Übergangen wird bei der Diskussion über die Kosten und die Zuschüsse außerdem etwas ganz Wichtiges: Jeder Förder-Euro ist auch ein Steuer-Euro! Was Bund & Land für die Citybahn zuschießen würden, kann an anderer Stelle nicht mehr ausgegeben werden.
Mit den Kosten für die Inbetriebnahme einer Citybahn wäre es aber nicht getan. Völlig unberücksichtigt und in der medialen & kommunalpolitischen Diskussion unterdrückt werden die sogenannten Netto-Erhaltungsinvestitionen (Wartung von Fahrzeugen und Strecke ohne Modernisierung) sowie die Verluste ab dem Tag der Inbetriebnahme der Citybahn. Diese Netto-Erhaltungsinvestitionen würden durch die Citybahn zusätzlich anfallen, Einsparungen wären nicht denkbar, denn die Citybahn wäre ein zusätzlicher Verkehrsträger und die Busflotte mit ihrer Infrastruktur bliebe ja erhalten.
Die Netto-Erhaltungsinvestitionen für solche Verkehrsinfrastrukturprojekte werden nach einer gängigen Faustformel auf 30 Jahre betrachtet und mit den Kosten der Inbetriebnahme, mindestens aber den reinen Baukosten kalkuliert. Wenn die reinen (derzeitigen) Baukosten von € 426 Mio. auf 30 Jahre verteilt würden, wären dies jährliche Netto-Erhaltungsinvestitionen für eine Citybahn von rund € 14 Mio., die nicht von Bund & Land subventioniert werden.
Neben den Netto-Erhaltungsinvestitionen von mutmaßlich wenigstens € 426 Mio. müssen aber noch die zu erwartenden Betriebsverluste kalkuliert werden, die ebenfalls nicht von nicht von Bund & Land übernommen werden und mit denen die Citybahn GmbH ebenfalls selbst klarkommen und unter ihren Gesellschaftern aufteilen müsste. Es könnte von € 10 – 20 Mio. Verlust pro Jahr ausgegangen werden, d.h. bei einem Mittelwert von € 15 Mio. jährlich in 30 Jahren von insgesamt € 450 Mio. als Zusatzbelastung zu den reinen anfänglichen Bau- und Einrichtungskosten.
Rechnet man die obige Zusatzbelastung des 30-Jahres-Zeitraums für Netto-Erhaltungsinvestitionen von € 426 Mio. sowie Betriebsverluste von € 450 Mio. mit den Mindestkosten für Bau- und Inbetriebnahme von derzeit vorsichtig geschätzten € 569 Mio. zusammen, so ergäbe sich schon jetzt ein Betrag von € 1,445 Mrd., der hoffentlich deutlich macht, um welches Finanzvolumen es bei der Citybahn ginge. Die Citybahn ist, wie wir es schon immer deutlich gemacht haben, ein Milliarden Projekt oder eben ein Milliarden Grab.
Wiesbaden braucht sicher vieles, aber keine Citybahn.