(10.10.20) Post vom OB, und eine Botschaft vom Verkehrsdezernat
Ich habe gehört, daß demnächst alle Wahlberechtigten in Wiesbaden ein Schreiben vom Oberbürgermeister bekommen, in denen noch mal ordentlich Werbung für die Citybahn gemacht wird. Falls das zutrifft, wäre das wirklich sehr interessant; soweit ich weiß, wurde vor dem Bürgerentscheid in Aachen (bei dem sich eine Mehrheit gegen das Straßenbahnprojekt ausgesprochen hat) ebenfalls Material versendet – nur sind dort auch die Gegner zu Wort gekommen.
So wie es aussieht, sind die Citybahn-Protagonisten wohl der Meinung, daß die bisher ausgegebenen über 3 Millionen Werbe-Euro immer noch nicht ausreichen, um den Wiesbadenern dieses Projekt zu verkaufen. Wie schon früher gesagt – ein wirklich gutes Produkt hätte so viel Werbung nicht nötig.
Übrigens – irgendwer hat gesagt, die Citybahn sei ein Jahrhundertprojekt. Was das angeht, bin ich weniger pessimistisch. Ich glaube nicht, daß die Wiesbadener ein Jahrhundert lang dafür zahlen werden, höchstens die nächsten 20 bis 30 Jahre.
Währenddessen schickt der Wiesbadener Verkehrsdezernent seine eigene Botschaft an die Wiesbadener. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber die Staus zur Rush Hour, einerseits, haben in letzter Zeit zugenommen. Über die Ursachen dafür wurde schon genug geschrieben, das spare ich mir jetzt.
Andererseits habe ich den Eindruck, die Straßen sind außerhalb dieser Zeiten freier geworden, was möglicherweise zum einen an Corona liegen mag (immer noch viel Homeoffice) und andererseits an den Herbstferien. Wobei ich wiederum nicht einschätzen kann, wieweit diesmal die ganzen Reisebeschränkungen und die sonst in Ferienzeiten übliche Abnahme des Verkehrs zusammenwirken.
Man rätselt also. An sich kann ich mir schon vorstellen, daß interessierte Kreise die These „Wiesbaden versinkt in Staus“ gerne vor dem 1.11. nochmal schnell für alle spürbar umsetzen möchten. Andererseits sind diese Kreise vielleicht in einem, sagen wir, kleinen Zielkonflikt. Die wahrgenommene Botschaft könnte nämlich durchaus auch sein: „das jetzige Chaos ist nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was in der Bauphase der Citybahn auf uns zukommen würde“. Beziehungsweise auf das, was dann nach meiner Vermutung dauerhaft auf Wiesbaden zukommt – zusätzliche Staus durch den Verkehr, der von der Citybahntrasse anderswohin verdrängt wird.
Aber vielleicht kommt ja auch alles ganz anders. Sollten die jetzigen Prognosen in Bezug auf dauerhafte Auswirkungen von Corona zutreffen, wird es insgesamt weniger Verkehr geben, für den dann vielleicht die durch die Citybahn reduzierte Verkehrsfläche ausreicht. Na ja, sollte Herr Drosten mit seinen düsteren Prognosen recht behalten und wir bekommen so etwas wie den Dauer-Krisenmodus, wird das zwar nicht gut für den Massentransport ausgehen, aber was solls. Man kann ja auch einfach keine Bahnen fahren lassen, das ist leiser und spart auch Personalkosten.
Na gut, Wiesbaden hat im ersten Fall ein sehr großes und im zweiten Fall ein noch größeres Finanzproblem, aber man kann ja immer noch woanders hinziehen.
Oder dem Ganzen am 1.11. ein Ende setzen und den Verantwortlichen eine ganz andere Botschaft senden – ein freundliches, aber entschiedenes NEIN zur Citybahn.