(20.10.20) Die Kurier-Podiumsdiskussion und zwischendurch noch kurz was in eigener Sache
Ich folge dem bisher recht vorhersehbaren Ablauf der „Podiumsdiskussion“. Momentan brauche ich dafür nur ein Ohr und 25% meiner Gehirnzellen, kann also nebenher schreiben.
Lieber Herr Gastl von der IHK, nur mal kurz von Unternehmer zu Unternehmer: Klar muß man Risiken eingehen. Ein Alles oder nichts-Experiment auf dem Rücken der Wiesbadener würde ich aber eher in die Abteilung Russisch Roulette einsortieren. Und, oje, das Mobilitätsleitbild…aber dazu kommen wir noch.
146 Zuschauer.
Ah ja, DigiV. Interessantes Denksportproblem für Siemens. Wiesbaden ist ja sowas wie ein Pilotprojekt. Ich könnte mir gut vorstellen, daß gewisse Kreise dieses System gerne nutzen würden, um aus erzieherischen Gründen ein paar Extrastaus zu produzieren. Andererseits werden sich andere Kunden das Produkt ansehen – und es ist vielleicht nicht die allerbeste Werbung für den Hersteller, wenn es hinterher mehr Staus gibt als vorher.
Jetzt aber zu „eigener Sache“. Ich habe heute schon den zweiten Brief eines offensichtlich armen Menschen in meinem Briefkasten gefunden (vielleicht sind es auch verschiedene, Zwilling, bei der Geburt getrennt?). So arm, daß er (oder sie?) noch nicht mal einen Namen hat. Das Witzige ist, in Brief Nummer 2 wird auf Berlin Bezug genommen, wo irgendwelche Straßenbahnprojekte laufen (ehrlich gesagt, sind mir die Details dazu ziemlich egal. Vielleicht kriegen sie ja Straßenbahnen besser hin als Flughäfen). Wir erinnern uns – Berlin ist die Stadt, aus der Herr Soziologie-Professor Knie kommt, der damalige Vorsitzende des „wissenschaftlichen“ Beirats beim Mobilitätsleitbild. Der Herr Knie, der uns Wiesbadener gerne als Versuchskaninchen (er nennt es natürlich anders) für ein Groß-Menschenexperiment im Verkehrsbereich einsetzen würde.
180 Zuschauer.
Pro BI spricht. Der übliche Mix. Historische Struktur der Stadt. Seit vielen Jahrzehnten nichts passiert. Nur der Verweis auf die vielen Straßenbahnprojekte beim Nachbarn Frankreich (das ist das Land, das noch immer massiv auf Kernkraft setzt) fehlt bisher. Okay, ich stoppe hier, nur eins noch – liegt das mit den Jahrzehnten nicht eher daran, daß sich die Protagonisten seit etwa 2005 wie ein trotziges kleines Kind, auf ein Schienensystem quer durch Wiesbaden versteift haben?
177 Zuschauer.
Die auch schon bekannten Diskussionen über die Kapazität verschiedener Massentransportmittel. Für einen Vergleich nimmt man entweder sowohl für Busse als auch für Straßenbahnen die Datenblatt-Werte, oder eben nicht – aber nicht mal das eine und mal das andere. Soweit ich mich erinnere, war bei der Citybahn mal die Rede von 480 Passagieren, aktuell wird von 400 gesprochen. Auf dieser Basis hätte eine 70-Meter-Bahn ziemlich genau die gleiche Kapazität wie vier Gelenkbusse (zu je 18 Meter und jeweils 100 Passagiere) mit zusammen 72 Metern. Nur daß ein solcher Straßenbahnzug genau eine Destination ansteuern kann, und 4 Gelenkbusse eben 4.
167 Zuschauer.
Und weiter gehts.
184 Zuschauer.
Der Versuch seitens Pro, das S-Bahn-Argument wegzudiskutieren: gescheitert. Und schon sind wir bei der Aartalbahn.
1998, 2003, 2005, 1998: NKU’s zur Aartalbahn. Und danach? Soweit ich weiß, wurde die Aartalbahn später politisch unerwünscht, eben weil sie die schönen Citybahn-Planungen zunichtegemacht hätte. Und auch soweit ich weiß, war Taunusstein dagegen, weil sie befürchten, daß auf einer echten Bahnstrecke auch Güterzüge fahren würden. Und ich dachte immer, daß so etwas auch politisch gesteuert werden könnte.
195 Zuschauer.
Danke, Herr Moderator, für den Hinweis darauf, daß Taunusstein die Citybahn will. Ja, ich will auch so das eine oder andere, am besten zu Lasten anderer. Zu diesem Thema habe ich ja kürzlich schon etwas geschrieben.
167 Zuschauer.
Die Kosten – erinnern wir uns kurz an Mainz. Von 2016 (Betriebsstart der Mainzelbahn) auf 2019 hat es genau 0% Zuwachs beim ÖPNV gegeben (es sind nur, Überraschung, Leute von Bus auf die Straßenbahn umgestiegen). Soweit ich weiß, hat der Spaß zirka 100 Millionen Euro gekostet, die genauen Kosten sind noch immer nicht bekannt.
Ja, liebe Pro-BI, die Hunderte von Millionen Euro für die Citybahn lassen sich nicht wirklich rechtfertigen. Also versuchen wir, das Ganze kleinzureden, indem wir ein paar andere teure Projekte erwähnen. Oh, Wiesbaden hat schon anderswo eine Menge Geld (RMCC) ausgegeben? Kein Problem. Selbstverständlich ein guter Grund, noch mehr Defizit zu machen.
Personalkosten – aber klar. Ja, eine Citybahn mit 200 Leuten drin braucht nur einen Fahrer. Und kann nur eine Route bedienen. Mehrere Busse können eben auch mehrere Routen bedienen.
172 Zuschauer.
Oh…jetzt wird es interessant – Herr Mumme erklärt, warum es seit 2016 keine neuen Zahlen zur Nutzen-Kosten-Untersuchung gibt. Vielleicht kann er auch erklären, warum die Pro-Seite plakatiert, daß das Projekt „volkswirtschaftlich sinnvoll“ sei. Obwohl wir seit inzwischen ein paar Monaten wissen, daß das Projekt deutlich teurer würde als anfangs behauptet und sich die ganze Planung seitdem erhelblich geändert hat.
179 Zuschauer.
Ah – danke Herr Mumme von der Citybahn-GmbH, Abstellanlagen, wo auch kleinere Wartungen durchgeführt werden können. Die aber noch gar nicht wirklich final geplant sind. Danke, daß Sie nochmal bestätigt haben, daß Doppeltraktion nach Mainz noch gar nicht feststeht. Und damit auch das schöne Kapazitätsargument leider nicht mehr so ganz funktioniert.
Der Baumtod – von Herrn Kraft gefühlt hängt an jedem 3. Baum ein Plakat. Daß ihm Plakate der BI Mitbestimmung Citybahn wehtun, dürfen wir wohl annehmen, und daß daher die gefühlte Zahl von Plakaten höher liegt als die reale. Aber er möchte, warum wohl, doch lieber in Richtung „Klimakrise“ schwenken. Na ja. Zum Thema „CO2-Einsparung“ verweise ich auf den Beitrag hier.
157 Zuschauer.
Das Auto-Argument – Zeit für den üblichen Dreisprung: Autos sind böse. Die Citybahn macht Autofahrern das Leben schwer. Also ist die Citybahn gut.
Die Buskapazität kann nicht weiter verdichtet werden, Herr Mumme? Nirgends in Wiesbaden? Und es wurde in Wiesbaden eine umfassende Verkehrssimulation durchgeführt, die uns sagt, daß es keine Verlagerungen von Verkehr geben wird? Wo können wir die einsehen?
Ganz neue Buslinien können geschaffen werden, Herr Mumme? Wo doch in Wiesbaden kein Platz für noch mehr Busse ist?
153 Zuschauer
Ja, liebe Pro-BI, wir haben die Stadt in der Tat massiv mit Autos zugestellt. Unter anderem deshalb, weil seit vielen Jahren zusätzlicher Parkraum, Parkhäuser oder Parkebenen, wo die Autos von der Straße wären, in Wiesbaden politisch nicht gewollt ist. Da haben wir doch lieber jede Menge Parksuchverkehr.
Aahh…jetzt kommt Frankreich. Ja, der französische Zentralstaat hat viele Städte mit (zu 100% finanzierten) Straßenbahnen versorgt. Wie gesagt – das ist der gleiche Staat, der noch immer massiv auf Kernkraft setzt.
154 Zuschauer.
Das Schlußwort des Moderators. Ja, bürgerliches Engagement auf beiden Seiten. Über die 4 Millionen Werbe-Euro, die der Pro-Seite doch das Leben auf die eine oder andere Art leichter machen, wollen wir mal großzügig hinwegsehen.